Beschleunigte Tests dienen zur raschen Ermittlung von Lebensdauern oder Ausfallraten von in der Regel neuen Produkten, noch bevor diese im Feld zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zum Burn-In, der dem Produkt nicht schadet, ist es das Ziel beschleunigter Tests, Die später im Feld sich ereignenden Ausfälle in kurzer Zeit herbeizuführen und somit vorherzusagen. Im Grunde werden die zu testenden Produkte künstlich gealtert. Dies kann durch
zeitliche Beschleunigung (Produkt fährt mehr Zyklen pro Zeiteinheit)
Stressbeschleunigung (Produkt wird übermässig belastet)
geschehen.
Besonders die Beschleunigung durch erhöhten Stress ist mit Vorsicht zu behandeln, da man Gefahr läuft, zusätzliche Ausfallmechanismen zu provozieren, die sich bei normalem Gebrauch vermutlich überhaupt nicht einstellen würden.
Zentrale Begriffe beschleunigter Tests sind der Beschleunigungsfaktor und die Aktivierungsenergie. Letztere bezieht sich auf die Arrheniusgleichung aus der Chemie. Dort ist sie die Energie, die man hineinstecken muss, um eine chemische Reaktion hervorzurufen. Bei beschleunigten Tests wird die Arrheniusgleichung so verwendet, dass die Aktivierungsenergie die „Kraft“ bedeutet, mit der ein bestimmter Ausfallmechanismus erzwungen wird. Das funktioniert deshalb, weil chemische Reaktionen und die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen in gleicher Weise von der Temperatur abhängen.
Windchill Quality Solutions ALT bietet zwei verschiedene Methoden:
Accelerated Life Testing (Beschleunigte Lebensdauertests)
Allgemeine Funktionsweise von WQS ALT: Testplanung
WQS ALT bietet dem Testingenieur die passenden Werkzeuge zur optimalen Testauslegung bei gegebenen Randbedingungen. Die Ermittlung des optimalen Testplans ist oft nicht analytisch möglich, und war Gegenstand wissenschaftlicher Forschung seit den 1990er Jahren.
Allgemeines Ziel eines beschleunigten Tests ist die Ermittlung der durchschnittlichen Lebensdauer einer Population von Einheiten (Alternativ die Ermittlung der mittleren Zeit bis zum Erreichen eines festgelegten Degradationslevels).
Die zentralen Fragen bei der Entwicklung beschleunigter Tests sind:
Wie viele Einheiten sollen dem Test unterzogen werden?
Wie genau wird dann das Testergebnis?
Welche Stresslevels sollen verwendet werden?
Wie soll man die zur Verfügung stehenden Testgeräte auf die Stresslevel verteilen?
Wie lange soll der Test dauern?
Wie genau wird dann das Testergebnis?
Bevor die Testplanung beginnt, müssen folgende Zusammenhänge bekannt sein; diese beruhen entweder auf Erfahrung, oder auf plausiblen Annahmen:
Wie verteilt sich die Lebensdauer über die Zeit bei gegebenem Stress? Bei elektronischen Systemen und niedrigem Stress ist die Lebensdauer meistens exponentialverteilt. Bei höherem Stress kann es bei verschiedenen Bauteilarten zu Alterungsprozessen kommen; hier kann man allgemein eine Weibullverteilung annehmen.
Der Testingenieur muss den Verteilungsfunktionstyp und evtl. den Formparameter dieser Verteilung festlegen. WQS ALT bietet hier
Weibullverteilung (incl. Exponentialverteilung, das ja ein Spezialfall ist)
Lognormalverteilung
Wie wirkt sich der Stresslevel auf die mittlere Lebensdauer der Testeinheiten aus?
Hier muss sich der Testingenieur für ein Modell entscheiden; die Modellparameter werden von WQS ALT ermittelt. WQS ALT bietet folgende Modelle:
Hinweis: Die letzteren beiden Modelle erweisen sich oft als geeigneter, da sie –ungeachtet physikalischer Zusammenhänge- am Ende aus den Daten ein schärferes Ergebnis liefern.
Aus diesen Eingabedaten, sowie einer versuchsweise festgelegten gesamten Anzahl Testeinheiten berechnet WQS ALT die zu erwartende Genauigkeit des Ergebnisses, noch bevor der Test begonnen hat, in Form eines so genannten Confidence Bounds Ratios. Dies ist der Quotient aus dem oberen und unteren Lebensdauerwert bei gegebenem statistischem Vertrauensbereich.
Beispiel:
Unter Berücksichtigung aller bisher gemachten Annahmen wird am Ende eine mittlere Lebensdauer herauskommen, deren Wert zwar vor dem Test unbekannt ist, der mit 90% Sicherheit jedoch in einem Bereich liegt, dessen Grenzen sich um Faktor 2,5 unterscheiden. Sollte dieses Ergebnis nicht genau genug sein, dann muss man die statistische Sicherheit herunterschrauben, und / oder die Anzahl Testeinheiten erhöhen.
Allgemeine Funktionsweise von WQS ALT: Testdurchführung und Auswertung
Nachdem der Testplan fertiggestellt ist, führt ihn der Testingenieur dementsprechend durch. Am Ende des Tests werden die Testdaten, also
wie viele Testeinheiten
sind bei welchem Stresslevel
zu welcher Zeit ausgefallen
in WQS ALT eingetragen, und ausgewertet. Als Ergebnis kommt eine statistisch abgesicherte mittlere Lebensdauer beim so genannten Usage Stress, oder alternativ eine mittlere Zeitdauer bis zum Erreichen eines festgelegten Degradationslevels heraus.
Die grundsätzlichen Funktionalitäten des Moduls ALT sind:
Testplanung
Ermittlung des optimalen Testplans bei gegebenen Ressourcen und Randbedingungen
Dies wurde weiter oben bereits ausführlich beschrieben
Es können bis zu 2 Stressarten geplant werden
Beispiel: Bei einem Netzteil die Betriebstemperatur und die relative Belastung in %
Es können bis zu 3 Testlevels (bei 2 Stressarten bis zu 5 Testlevelkombinationen) geplant werden.
Testauswertung
Ermittlung der mittleren Lebensdauer aus den Testdaten.
Die Testdaten können auch z.B. aus Excel importiert werden
Graphische Darstellung der Testergebnisse in Weibullplots
Einschliesslich Vertrauensintervallkurven
Folgende Funktionalitäten erleichtern das Arbeiten mit WQS ALT:
Übersichtliche Darstellung mit dem LDA (Life Data Analysis) Navigator
Alle Daten bzw. Fenster können mit einem Klick erreicht werden
Testdaten
Testplan
Stressprofil
Verschiedene Weibullplots
Filtermöglichkeiten
Für die (unter Umständen sehr umfangreichen) Testdaten stehen Such-, Sortier- und Filterfunktionen zur Verfügung.
Import
Testdaten können importiert werden
Reportdesigns
Anstelle von Exporten können die Ergebnisse auch in ansprechender Form dargestellt werden. Dies beinhaltet mehrstufige Unterreports, Zusammenfassung von Gruppen, Filterung und Kennzeichnung nach festzulegenden Kriterien, Kopf- und Fusszeilen usw.
Alle wesentlichen Reportformate werden von Haus aus mitgeliefert.
Schaubilder
Darstellung aller Testdaten in Weibullplots
Dynamische Datenlinks
Das Modul ALT stellt entsprechende Daten für folgende Module bereit:
RBD (Fehlerrate und Verteilungsfunktionstyp)
Reliability Prediction (Fehlerrate)
Weitere praktische Werkzeuge runden dieses Modul ab:
Allgemeiner Statistikrechner
Diverse Berechnungen mit unterschiedlichen Verteilungsfunktionen
Testplaner (ganz unabhängig von der bisher beschriebenen ALT Philosophie)
Wie viele Einheiten müssen bei vorgegebenen Randbedingungen und erhofftem Ergebnis für den Test verwendet werden